Unkompliziert und selbständig - Junge Dame trifft auf englische Etikette
Sophia Stanton-Lacys Vater, der Diplomat Sir Horace, reist für eine gewisse Zeit nach Brasilien. Er gibt deshalb seine Tochter seiner Schwester, Lady Elizabeth Ombersley, nach London in Obhut. Die Schwester soll Sophy in die Gesellschaft einführen und, wenn möglich, einen passenden Ehemann für sie finden.
Sophy trifft zu einem ungünstigen Zeitpunkt bei der Verwandtschaft ein. Lord Ombersley, ein Lebemann, hat seine finanziellen Möglichkeiten überstrapaziert und Schulden gemacht. Nun muss sein Sohn Charles, der ein grosses Vermögen von einem Onkel erben konnte, die Geschicke der Familie leiten und die Finanzen ins Lot bringen. Charles nimmt seine Pflichten und Aufgaben sehr ernst. Die Atmosphäre im Haus ist deshalb äusserst angespannt und gleicht einer tickenden Zeitbombe.
Als nun Sophy, selbstbewusst, klug und gewitzt, auftaucht, sind Konflikte mit Charles vorprogrammiert. Charles kann weder nachvollziehen, wie eine Dame im Stande sein soll, Pferde zu kaufen, eine Kutsche zu lenken, noch mit Geld umzugehen. Für Sophy, die immer in Europa gelebt hat und zeitweise im Schutz des englischen Heeres unterwegs war, eine Selbstverständlichkeit. Da prallen Welten aufeinander.
Mit ihrem Charme und ihrem Gespür für Menschen, zieht Sophy trotzdem schon bald die Fäden im Hintergrund, wenn sie denkt, dass ihre Hilfe benötigt wird. Sie verhilft ihrer Cousine Cecilia, die sich in einen träumerischen Poeten verguckt hat, zu einem veritablen Ehemann, verkuppelt die äusserst ernsthafte Verlobte von Charles mit einem passenden Lord und gewinnt für sich mit viel Raffinesse einen Ehemann.
«Ich glaube aber nicht, dass sein Herz dabei im Spiel ist, und was sie betrifft, so hat sie gar keines. So etwas erledigt einen Charakter.» (Quelle: Roman)
Viel feiner Humor, Unbekümmertheit und Raffinesse
Vielleicht braucht der Schreibstil etwas Eingewöhnung, aber dann ist die Geschichte von gesellschaftlichen Konventionen, Traditionen und Moralvorstellungen unterhaltsam und ein Amüsement. Nach ein paar Seiten hat man sich an die Formulierungen gewöhnt und findet sich in der Welt des englischen Hochadels, dessen Probleme nur Staunen verursachen. Das Wichtigste sind Anstand und Benimmregeln. Diese Lebensgrundlagen beschreibt Georgette Heyer so pointiert und anschaulich, dass man sich mitten im Geschehen wähnt. Der herrliche Witz und der feine Humor unterstreichen die Wesenszüge jeder einzelnen Figur und machen sie lebendig und liebenswert.
«Ich finde Miss Wraxtons Gesicht ausserordentlich edelrassig.» « Gewiss, aber es war auch immer nur von einem edelrassigen Pferd die Rede.» (Quelle: Roman)
Temporeich, mit viel feinem Humor beschreibt Georgette Heyer das Leben der Grand Sophy und ihrer Verwandtschaft. Witzige Szenen, skurrile Charaktere und der Zeitgeist Londons im Jahr 1816 verhelfen zu einem Lesevergnügen der besonderen Art.
Fazit
Eine aussergewöhnlich erfrischende Geschichte, die mit subtilem Humor, Ironie und Witz begeistert. Wer den Schreibstil der Regency-Romane mag, findet mit «Die drei Ehen der Grand Sophy» eine unerwartet vergnügliche Lektüre.
Deine Meinung zu »Die drei Ehen der Grand Sophy«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!