Nicht immer wartet das Glück am Ende des Weges.
Joséphine muss nur noch wenige Prüfungen ablegen, dann hat sie ihr Abitur. Anschliessend würde sie gerne eine Reise unternehmen. Für diese bräuchte sie einen Reisepass – und für diesen erst einmal ihre Geburtsurkunde. Um diese hat ihre Mutter immer ein grosses Geheimnis gemacht.
Auf der Suche nach der eigenen Identität
Die Herausgabe der Geburtsurkunde entwickelt sich für Joséphine zu einem aussergewöhnlichen Kräftemessen mit ihrer Mutter. Diese wünscht sich, dass sich die Tochter auf die restlichen Abiturprüfungen konzentriert. Eine Reise könne auch später in Angriff genommen werden. Der Reisepass sei deshalb jetzt noch nicht nötig, so die Begründungen ihrer Mutter. Doch Joséphine gibt nicht auf und findet tatsächlich ihre Geburtsurkunde. Allerdings hat sie nicht mit den darin enthaltenen Tatsachen gerechnet. Total verstört reist sie zu ihrer Tante Isabelle nach Paris. Bei ihr findet sie Trost – und schliesslich Antworten auf die vielen Fragen, die sich seitdem Auffindung des Dokuments angehäuft haben. Nun erfährt sie endlich die Geschichte ihrer Mutter Élise. Dazu kehren sie zurück in das Jahr 1943. Paris ist von den Nazis besetzt. Die Bevölkerung leidet unter den Repressionen der Besatzer und im Untergrund arbeitet die Résistance. Und eine junge Französin lernt einen jungen deutschen Wehrmachtsoldaten kennen.
Angst, Verrat und Scham
Ruth Druarts Roman findet auf zwei Zeitebenen und mit wechselnden Perspektiven statt. Die Geschichte beginnt im Jahr 1963 aus der Sicht von Joséphine. Nur langsam verblassen die Spuren des Krieges. Noch ist der Widerstand gegen die ehemaligen Besatzer nicht gänzlich überwunden. Durch Joséphines Entdeckung beginnt die Aufarbeitung der Familiengeschichte, dadurch richtet sich der Fokus auf Élise. Ihre Geschichte ist das wichtigste Element des Romans.
Im Jahr 1943 lebt sie mit ihrer Familie in dem von der Wehrmacht und der SS beherrschten Paris. Angst ist ein ständiger Begleiter. Die Lage ist grundsätzlich angespannt. Schnell wird man als Kollaborateurverdächtigt. Verborgen im Untergrund arbeitet die Résistance, die französische Widerstandsbewegung, gegen das verhasste Regime. Misstrauen, Wut und Scham bilden eine explosive Mischung. In diesem Umfeld lernt Élise den deutschen Soldaten und Übersetzer Sebastian kennen.
Die verschiedenen Zeitebenen, die spannungsgeladene Atmosphäre und die verschiedenen Sichten der Hauptfiguren verleihen dem Roman Spannung und machen in abwechslungsreich und authentisch. Vor allem Élises Geschichte ist interessant, berührend und kurzweilig. Diese Kapitel gefallen besonders durch ihren Schreibstil und ihrer Aussagekraft. Die Erzählungen von Joséphine und Sebastian erzielen mitnichten dieselbe Wirkung. Da werden Passagen knappgehalten und es fehlt ihnen an Tiefe. Lügen, Verrat und Vergebung werden zum Teil zu schnell abgehandelt. Dann wirkt die Geschichte oberflächlich und wenig authentisch.
Dennoch: Es ist ein interessantes und spannendes Buch, dass die Ereignisse von damals wieder aufleben lässt.
„Stell dir vor, wie anders alles gekommen wäre, wenn nie jemand gelogen hätte. Lügen sind wie Diebstahl. Man stiehlt die Wahrheit.“
Fazit
Mit diesem Roman hat Ruth Druart einen Roman geschaffen, der an die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg in Paris erinnert. Entstanden ist eine eindrückliche und dramatische Geschichte über Geheimnisse, Verrat, Scham und eine einzigartigen Liebe.
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