Was hält uns aufrecht? Liebe? Geld? Eine schicke Wohnung?
Ein junges Paar mit Kind - und die Welt könnte so harmonisch sein, aber München ist ein teures Pflaster und die Bleibe zu klein. Da erhalten Coordt und Franziska die unschlagbare Möglichkeit, in eine neue Wohnung in der besten Gegend zu ziehen - und das soll wirklich günstig sein. Doch dieses Angebot hat einen Haken und setzt unvorstellbare Differenzen in Gang: Sie dürfen in diese großzügige Wohnung ziehen, wenn sie den Ex-Mann der Besitzerin weiter dort wohnen lassen. Vor lauter Verlockung und Euphorie geht das Paar auf diese weitreichende Bedingung ein und vor allem Franziska meint, in einem Traum angekommen zu sein. Allerdings entpuppt sich das gemeinsame Leben in der Wohnung nicht als das, was es sein sollte, nämlich harmonisch, voller Liebe und friedlich – im Gegenteil. Die im verborgen lauernden Fallstricke der Beziehung werden plötzlich sichtbar und lassen nichts mehr sein wie es mal war.
Ein langsamer Zerfall einer jungen Ehe
Im zweiten Roman Buchholz´ geht es um den langsamen Zerfall einer Beziehung, vor allem, da sich einer der Partner in eine andere Richtung entwickelt und sich die Prioritäten verschieben. Der Roman lässt den Leser an Coordts Perspektive teilhaben und so schränkt dies natürlich auch die Sichtweise ein. Seine Schilderungen sind teils sehr nüchtern formuliert, auch wenn er gefühlsbetonte Situationen schildert, die ihn schmerzen. Deutlich werden seine Wut, seine Hilflosigkeit und die besondere Ehrlichkeit in Bezug zu seinen Gefühlen. Allerdings erfährt das nur die Leserschaft, seiner Frau gegenüber hält er sich bedeckt. Das Kommunikationsproblem zwischen den beiden spitzt sich immer mehr zu. Man kann mitfühlen, lässt sich aber sehr schnell auf Coordts Seite ziehen. Eine Frage, die immer mitschwingt, ist: Was will ich eigentlich, welche Prioritäten setze ich?
Wer ist dieser mysteriöse Mitbewohner?
Schade ist, dass man so gar nichts über die Herkunft des Mannes, der ja das Grundübel ist, erfährt. Er ist wie ein unsichtbares Grauen vorhanden, ohne Gesicht, völlig körperlos. Im Hintergrund dominiert er doch das Geschehen. Auch die eigentliche Vermieterin taucht nicht mehr auf. Als Leser wird man damit allein gelassen, muss die Herausforderung meistern, das Ganze für sich irgendwie einzuordnen. Auch das Schicksal des Kindes geht ans Herz. Es ist dem ewigen Hin und Her ausgesetzt, so dass es nicht weiß, zu wem es jetzt eigentlich eine enge Beziehung aufbauen soll, die auch stabil und beständig bleibt, Vater oder Mutter. Immer wieder steht man vor der Frage, ob man materielle und gesellschaftliche Annehmlichkeiten vor das familiäre Glück setzen kann. Ob Geld und Luxus mehr Wert sind als eine intakte Familie, in denen es Höhen und Tiefen gibt, die doch eigentlich völlig normal sind. Frederike kommt man, jenseits der essentiellen Fragen, nie besonders nahe, sie wirkt berechnend, nicht wirklich sympathisch, auf sich selbst bezogen. Es ist schwierig, sie einzuschätzen, vor allem, wenn sie immer wieder ausbricht, zu Ungunsten ihres Mannes und des gemeinsamen Kindes. Man wird das Gefühl nicht los, es gehe ihr nur um sich selbst.
Klare ungeschönte Worte aus Coordts Mund
Eine scheinbar ausweglose Situation, eine Sackgasse inmitten des Lebens – davon erzählt die Autorin in diesem Werk, das keine großen Worte braucht. Ihr Talent liegt darin, Coordt in seinen Schilderungen klare, ungeschönte Worte in den Mund zu legen. Auch wenn die Sichtweise einseitig ist, sie offenbart doch eine Schwäche der meisten Beziehungen: Niemand spricht das direkt aus, was er oder sie denkt. Die Kommunikation hat scheinbar ihre Grenzen. Vor allem das Spiel mit den unterschiedlichen Nuancen der Empfindung bei der Leserschaft ist eine hohe Kunst. Dicht präsentiert sich das Geschehen und lässt nicht locker.
Fazit
Buchholz vermag es, Prosa zu schreiben, die jedem Einzelnen seinen Raum lässt, egal ob Protagonist oder Lesepublikum. Zwischen den Zeilen und der Sprachlosigkeit ist trotzdem noch Platz für eigene Gedanken. Eine nüchterne Beziehungsstudie, die es in sich hat.
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