Als Großmutter im Regen tanzte

Als Großmutter im Regen tanzte
Als Großmutter im Regen tanzte
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Monika Wenger
831001

Belletristik-Couch Rezension vonMär 2023

Nicht immer ist schweigen Gold.

Die eigenen Eheprobleme lassen Juni auf die Insel und in das Haus ihrer verstorbenen Grosseltern flüchten. Hier will sie mit sich ins Reine kommen und entscheiden, ob sie sich von ihrem gewalttätigen Ehemann trennen will, obwohl sie schwanger ist. Ausserdem macht ihr der Tod ihrer Mutter Lilla zu schaffen. Sie, die nach dem Tod ihrer Eltern auf die Insel zurückgekehrt ist, ist vor kurzem gestorben. Ihr Verhältnis war nicht immer harmonisch – zu viel Schweigen stand stets im Raum. Nebst den Sachen ihrer Mutter findet Juni unbekannte Fotos ihrer Grossmutter, die viele Fragen aufwerfen.

Die Last des Schweigens

Das Foto, das Junis Grossmutter Tekla mit einem deutschen Soldaten zeigt, führt zu einer aussergewöhnlichen Spurensuche. Die Grossmutter hat sich nie über ihre eigene Vergangenheit geäussert. Ein heikler Punkt in der Beziehung zwischen Lilla, Junis Mutter, und der Grossmutter. Lilla scheint den Grund für Teklas Schweigen trotzdem herausgefunden zu haben. Sie hat wohl deshalb den Kontakt zu ihren Eltern auf ein Minimum beschränkt und sich auf das Festland zurückgezogen, weg von der Insel. Im Gegensatz zu Juni. Die Enkelin verbrachte viel Zeit bei ihren Grosseltern. Nun sind alle gegangen und Juni hat das Haus geerbt. Und mit ihm die Last des Schweigens.

Zwei Zeitebenen, drei Lebensgeschichten

Trude Teiges Geschichte „Als Großmutter im Regen tanzte“ findet auf zwei Zeitebenen statt. In der Gegenwart berichtet die Ich-Erzählerin Juni von ihrem Leben. Sie hat nie erfahren, wer ihr Vater ist. Ihre Mutter hat ihr stets die Auskunft verweigert und über die Gründe geschwiegen. Nun ist Juni krankgeschrieben, schwanger und überlegt sich die Trennung von ihrem gewalttätigen Ehemann. Das Aufräumen im großelterlichen Haus lenkt sie von ihren Problemen ab und lässt noch einmal die Erinnerungen an ihre Großeltern und an ihre Mutter Lilla aufleben. Schließlich entscheidet Juni sich, die Rätsel um Großmutters Vergangenheit zu lösen und eigene Antworten zu finden.

Die zweite Zeitebene ist Teklas Geschichte. Sie, die sich im Zweiten Weltkrieg, während der Besetzung Norwegens durch die Wehrmacht, mit dem deutschen Soldaten Otto eingelassen hat, muss mit ihm 1945 ihre Heimat verlassen. Ihre Reise führt sie in den Osten Deutschlands nach Demmin, Ottos Heimatort. Je näher sie dem Dorf kommen, erleben sie anstelle der Freude Verwirrung und Angst. Zerstörung säumt den Weg zum Gutshof und schließlich finden sie Ottos Elternhaus von Russen besetzt. Schreckliche Ereignisse und Tragödien haben sich abgespielt und haben die Menschen gezeichnet.

Stück für Stück deckt Juni die Vergangenheit ihrer Großmutter auf und erfährt, wie Tekla den Weg zurück nach Norwegen gefunden hat.

Die fiktive Geschichte von Tekla und Juni hat die Autorin mit historisch verbürgtem Geschehen verknüpft. Entstanden ist eine Geschichte, die sich auf das Geschehen in der Vergangenheit und das nachfolgende Schweigen der Menschen konzentriert. Dieses Schweigen hat Auswirkungen bis in die Gegenwart. „Die meisten Geheimnisse der Menschen haben keine Konsequenzen für jemand anderen als sie selbst. Sie wollen einfach nicht, dass andere etwas über sie erfahren. Aber es gibt auch Geheimnisse, die für das Leben der anderen wichtig sind und die erzählt werden sollten.“

Beim Lesen erfährt man viele interessante Details aus den Ostgebieten Deutschlands. Sie waren erste Stationen der herannahenden Russen. Ihre Rachegelüste und ihr Verhalten hatten verheerende Folgen für die Bevölkerung. Auf Grund der politischen Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Ereignisse in diesem Gebiet um Demmin kaum bekannt. Dieser Roman erzählt nun im Nachgang davon.

Geschickt verbindet die Autorin die beiden Erzählstränge und fügt sie zu einer Einheit. Allerdings ist Junis Part und ihre Geschichte etwas oberflächlich ausgefallen. Da löst sich einiges zu geschmeidig und in Wohlgefallen auf. Dagegen sind die historischen Details sehr gut recherchiert und spannend ausgearbeitet.

Fazit

Die wenig bekannten Vorgänge am Ende des Zweiten Weltkriegs im Osten Deutschlands verknüpft die Autorin mit einer Familiengeschichte. Entstanden ist eine interessante und gut erzählte Geschichte, die einiges an Informationen und Dramatik bietet.

Als Großmutter im Regen tanzte

Trude Teige, S. Fischer

Als Großmutter im Regen tanzte

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