Junge Menschen fordern eine gerechtere Zukunft!
Endlich ist es soweit. Giulia wird nach den Sommerferien das Liceo besuchen. Wie ihre Schwester Gabriella wird sie dann endlich zu den Großen gehören. Innerlich hat sie sich immer ausgemalt was es heißt das Liceo zu besuchen. Freiheit. Freiheit der Gedanken. Freiheit beim Scheiben und Sprechen. Freiheit beim Handeln. Mit dieser Erwartung startet sie, gemeinsam mit ihrer Freundin Camela, in ein Schuljahr in den 70er Jahren in Mailand.
Schwesternliebe
Gabriella und Giulia sind als Schwestern unzertrennlich. An der neuen Schule führt Gariella ihre kleine Schwester in ihren Freundeskreis ein. Gemeinsam gehen sie mit tausenden anderen Mailänder Schülern und Studenten auf die Straße und demonstrieren für eine bessere Zukunft.
Als Giulia plötzlich ihrem alten Schulfreund Michele über den Weg läuft, wird es kompliziert. Michele schließt sich den Linksextremen am Liceo nicht an und gerät aus diesem Grund unter Verdacht einer neofaschistischen Organisation anzugehören. Als er lebensgefährlich verletzt wird, beginnt auf Giulia sich von der Ideologie ihrer Mitschüler und Schwester zu distanzieren und ihre Ansichten kritisch zu hinterfragen.
Als sie durch Zufall entdeckt, was für einen riskanten Weg ihre Schwester in der Zwischenzeit eingeschlagen hat, muss sie eine Entscheidung treffen, die für die ganze Familie nicht folgenlos bleibt.
Die Protagonistin
Giulia ist eine typische Schülerin und junge Frau. Voller Neugier macht sie sich auf in die Welt, spürt ihren Reiz und lässt sich von ihm verleiten. Das strenge, akademische Elternhaus, in dem sie und ihre Schwester aufwachsen und das vertrauensvolle Verhältnis zu ihrer Mutter bietet ihr einen sicheren Hafen, den sie nur ungern verlassen möchte. Ihre Rolle als Jüngere meistert sie vorbildlich. Zum einen himmelt sie ihre große Schwester an, zum anderen weiß sie ganz genau, was ihre Eltern von Gabriellas Aktivitäten hielten, würden sie es wissen. Reflektiert aber an den richtigen Stellen naiv, bietet sie sich als wunderbarer Betrachter für den Leser an.
Italien in den 70ern
Wo beginnt Freiheit? Wo trifft sie auf ihre Grenzen? Das Italien der 70er Jahre ist geprägt von einer wütenden Gruppe junger Menschen, die Universitäten und weiterführende Schulen in den großen Städten besuchen und die genug von der Regierung haben. Der Wunsch nach einem politischen Umsturz wird durch sie von Tag zu Tag lauter. Sie wünschen sich den Kommunismus herbei. Schluss mit den gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten. Schluss mit der Klassenspaltung und des sich Bereicherns durch die Reichen, die Politiker, die Industriellen. Schluss mit einem Staat, der ehemalige Faschisten weiterhin in ihren Ämtern beließ.
Auf atemberaubende Weise führt Giampietro den Leser in das Italien der 70er Jahre. Begleitet ihn zu Demonstrationen und in die Hörsäle. Man spürt die Polizei im Nacken, die hinter einem selber und den Demonstranten her ist, und eine Gänsehaut überkommt einen bei siegessicheren und zum Kampf aufrufenden Reden der Studenten.
Nicoletta Giampietro erzählt in ihrem Buch von einem Italien, das in der deutschen Literatur bisher vernachlässigt wurde. Studentenrevolten in Italien? Der Wunsch nach Kommunismus?
Sie verliefen einige Jahre versetzt zur 68er Bewegung in Deutschland, weisen aber dennoch Parallelen zu ihr auf. Junge Menschen fordern eine neue gerechtere Zukunft!
Sprachlich authentisch und ausgefeilt verliert die Erzählung bis zur letzten Seite nicht an Spannung.
Fazit
„Mit geballter Faust“ ist ein wunderbares Buch für junge und rebellische Erwachsene. Ein Buch das die Freiheit zur Freiheit über alles stellt, und darum ein wahres „Lesemuss“ ist.
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