Wovon wir leben

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Monika Wenger
801001

Belletristik-Couch Rezension vonFeb 2023

Selbstzweifel und Sinnsuche.

Eine Unachtsamkeit bei der Arbeit und Julia Noch verliert ihre Arbeit als Krankenschwester. Ein tiefgreifender Einschnitt in ihr bisheriges Leben, der eine Neuorientierung unumgänglich macht. Wegen der Kündigung muss sie ihre Wohnung im Krankenhaus eigenen Personalhaus aufgeben. Für Julia bleibt nur die Rückkehr ins Elternhaus – weg aus der Stadt und der Anonymität.

Wieder im Elternhaus

Angekommen im Dorf, muss sie feststellen, dass die Mutter ausgezogen ist. Sie, die sich jahrelang für den Vater und den Bruder aufgeopfert hat, hat die Reissleine gezogen und ist weg. «Ich sehe, wie sie jetzt, mit 62, auf einen Zug wartet, der eigentlich ihr ganzes Leben lang schon hätte kommen sollen.»

Der Vater überträgt seine Erwartungshaltung von der Ehefrau auf die Tochter. Für Julia eine nicht annehmbare Situation, war das Weggehen in jungen Jahren eine Notwendigkeit, ein Akt der Befreiung. Sie beginnt, ihr Leben zu analysieren und zu überdenken. Nach und nach findet sie Antworten auf ihre Fragen, sieht einen möglichen Weg in die eigene Zukunft. Dazu trägt auch die Bekanntschaft mit einem Städter bei, der so ganz anders funktioniert, als die Menschen in ihrem Heimatdorf.

Patriarchalische Strukturen und Selbstzweifel

Die Gegensätze von Stadt und Land und den Eigenheiten der jeweiligen Bewohner ist eines der Hauptthemen in diesem Roman. Daneben widmet sich Birgit Birnbacher weiteren aktuellen Themen. Da ist unter anderem die Arbeitslosigkeit und ihre Folgen. Aber auch die Stellung der Frau ist der Autorin ein Anliegen. Ohne große Umwege, in aussagekräftiger Sprache erzählt Birgit Birnbacher aus dem Leben von Julia Noch und den Menschen im Innergebirg. Schon der Name des Dorfes lässt ahnen, wie sich das Leben dort anfühlt. Das Fremde ist suspekt, das Gefühl von Beständigkeit lebensnotwendig. Durch die Schließung der einzigen Fabrik im Tal sind viele Arbeitsplätze verloren gegangen. Die Suche nach Lebensinhalten und was der Verlust von Strukturen mit den Menschen macht, beschreibt Birgit Birnbacher in ihrem Roman präzise und anschaulich. Sie macht die Trostlosigkeit und das Gefühl von mangelnder Wertschätzung greifbar. Vor allem ihre Hauptfigur Julia kämpft sich durch die Schwierigkeiten mit ihrem Vater, dem Verschwinden der Mutter und der Entscheidung zu bleiben oder wieder zu gehen. Manche Dinge kann sie nicht mehr ändern, andere aber wohl. Es ist, als ob etwas in Bewegung geraten wäre. In und um Julia.

Fazit

Ein Roman mit Tiefenwirkung. Birgit Birnbachers Erzählstil ist klar und knapp gehalten. Das Resultat ist eine gesellschaftliche Momentaufnahme im Wandel der Zeit und beschreibt die Suche nach Sinn und Inhalt im Leben.   

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