Der Duft der schwarzen Erde
- Tinte & Feder
- Erschienen: Mai 2023
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Eine Umsiedlung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen.
Die Nichte aus Deutschland besucht im Jahr 2001 ihre betagte Tante Alma Steiner in Buenos Aires. Grund dafür ist die gemeinsame Familiengeschichte. Trotz Krankheit ist Alma bereit, noch einmal gedanklich zurückzureisen und ihrer Nichte von den bevorstehenden Veränderungen im Jahr 1940 in Bessarabien zu erzählen. Damit beginnt die Geschichte einer Umsiedlung.
Nachforschungen in Argentinien
Zu Beginn des Romans berichtet die Ich-Erzählerin, weshalb sie nach Buenos Aires geflogen ist. Sie berichtet vom Auffinden eines Stammbaums, der bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Dieser ist der Auslöser ihrer Suche nach der Familiengeschichte gilt. Einer Familie, die ursprünglich aus dem Württembergischen stammte. Ab dem 19. Jahrhundert jedoch waren plötzlich russische und rumänische Geburtsorte verzeichnet. Später wieder Orte in Deutschland. Beeindruckende Hinweise, denen unzählige Fragen nach dem Wieso und Warum folgen und die die Ich-Erzählerin nicht mehr loslassen. Sie hofft, in Buenos Aires Antworten zu finden.
„Nach dem Jahr ohne Sommer, 1816, als ein Vulkanausbruch in Indonesien den Himmel in Europa über mehrere Monate hinweg verdunkelte und dadurch Hunger und Elend brachte, folgten meine Vorfahren, zusammen mit vielen anderen Württembergern, dem Ruf des Zaren nach Südrussland, nach Bessarabien, dem heutigen Moldawien und einem Teil der heutigen Ukraine – an die Schwarzmeerküste.“
Die Welt verändert sich drastisch
Sibel Daniels Geschichte der Familie Steiner findet auf zwei Zeitebenen statt. In Buenos Aires trifft die Ich-Erzählerin ihre Tante Alma. Mit ihr hatte sie nur bis dato nur brieflichen Kontakt. Die zweite Ebene, die den eigentlichen Hauptteil des Buches bildet, erzählt die Geschichte der Familie Steiner aus Bessarabien. Sie berichtet von deutschen und schweizerischen Auswanderern, die im 19. Jahrhundert dort eine neue Heimat gefunden haben. Während hundertfünfundzwanzig Jahren lebten und arbeiteten die Siedler in der heutigen Region von Moldawien und der Ukraine. Bis im Jahr 1940 die Umsiedlung zurück ins Deutsche Reich, in die alte Heimat, beginnt.
Geschickt umschifft die Autorin die schwierigen Themen rund um diese Umsiedlungen. Wohl erzählt sie von der Auflösung ganzer Dorfgemeinschaften, von Verlust und Ängsten, von Trennung und Schmerz. Aber sie bleibt dabei eher sachlich, lässt das Emotionale nicht allzu groß werden. Gleichzeitig spinnt sie um die tragischen Ereignisse ein wenig Zuversicht, in dem sie Almas Liebesgeschichte miteinbindet. Daraus entstanden ist ein wirklich interessanter, mit vielen historischen Details gespickter Roman. Bald soll es eine Fortsetzung geben, denn die Geschichte der Familie Steiner in diesem ersten Buch endet in einem Lager, in dem sie auf die Zuweisung eines Hofes warten.
„[…] Doch es gestaltete sich schwierig. Und es dauerte lange, sehr lange. Denn was wir nicht wussten: Den Ersatz für unser Land gab es noch gar nicht, dafür mussten erst polnische Eigentümer zwangsevakuiert werden. […]“
Fazit
Anschaulich und warmherzig erzählt Sibel Daniel nicht nur eine Familien- und Liebesgeschichte, sondern Zeitgeschehen. Sie hat dies spannend und bewegend verfasst und mit dem richtigen Gespür für Dramatik umgesetzt. Entstanden ist ein wunderbar ausgewogener Roman.
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