Zwei Frauen, die ihre eigenen Wege gehen.
Das erste Mal als Bertha Torgersen Hanna begegnet ist, durfte sie ihr erstes mit der Maschine genähtes Kleid entgegennehmen. Bereits damals, als Sechzehnjährige, ist ihr diese Frau in ungewöhnlicher Kleidung aufgefallen. Jahre später begegnen sie sich wieder. Es ist der Beginn von etwas ganz Besonderem.
Aufbruch in ein neues Zeitalter
Im Jahr 1873: In Haugesund ist Bertha aufgewachsen. Wie jedes junge Mädchen träumt sie von einem anderen Leben. Einem Leben, das sie nach ihren Bedürfnissen gestalten würde. Insgeheim wünscht sie sich dennoch zu heiraten, mindestens vier Kinder zu haben und ein gutes Leben zu führen. So wie es eben alle Frauen in Haugesund tun.
Als Bertha das erste Mal auf Hanna Brummenæs trifft, fällt ihr gleich das Aussergewöhnliche an ihr auf. Ihre Haltung und ihre Kleidung sind anders, kräftig und selbstbewusst. Das beeindruckt die junge Bertha sehr.
Die Jahre vergehen, sie nimmt eine Stelle in Visnes im Laden von Herrn Stange an. Bei ihrer Ankunft im Hafen von Visnes sieht sie aus der Ferne Hanna wieder. Aber es vergeht einige Zeit, bis sie in einem Zeichenkurs erneut auf Hanna trifft. Bertha bemüht sich um sie, sucht ihre Freundschaft. Als Hanna eines Abends angepöbelt wird, hilft ihr Bertha. Ab diesem Zeitpunkt beginnt ihre gemeinsame Zeit. Erst übernehmen sie gemeinsam Herrn Stanges Geschäft und expandieren in den folgenden Jahren weiter. Schlussendlich sind die beiden Frauen Inhaberinnen der Reederei Brummenæs & Torgersen.
Ein langes und besonderes Leben
Der Roman beginnt im Jahr 1873 und endet 1943. Cecilie Engers Erzählung besticht durch einen schlichten, aber ausdrucksstarken Schreibstil. In klaren Sätzen beschreibt sie Orte und Menschen, so dass ein lebendiges Bild entsteht. Das karge und strenge Leben wird greif- und fühlbar.
Alles hängt in Haugesund von der Hering Saison ab. Dann ist der Ort voller Menschen, die Arbeit und einen Platz zum Schlafen suchen. Diesem Leben möchte Bertha entfliehen. In einem ersten Schritt gelingt ihr dies, indem sie sich auf eine Stelle im entfernten Visnes bewirbt. Aber erst mit Hanna Brummenæs gemeinsam scheint ihr die Welt zu Füssen zu liegen.
Bertha ist ein eher zurückhaltender Charakter – im Gegensatz zu Hanna. Die beiden ergänzen sich jedoch perfekt und so setzen sie sich in einer männlich geprägten Gesellschaft durch und werden mit den Jahren zu Unternehmerinnen. Diese Rollenbilder und ihre Stellung innerhalb der Gesellschaft vermag die Autorin einfühlsam und anschaulich aufzuzeigen. Die nordische Art des Schreibens unterstreicht die Wirkung des Textes, obwohl eine unsichtbare Distanz zum Geschehen bleibt. Ein wunderschöner, ruhiger Lesestoff.
Fazit
Eine wunderbar schlichte und dennoch eindrückliche Lektüre. Sie besticht durch den Schreibstil genauso wie durch die Thematik.
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