Jedes Bild erzählt zwei Geschichten: die gemalte Geschichte und diejenige, die der Betrachter mitbringt.
Mit dem Unfalltod eines kleinen Jungen beginnt die Geschichte. Michael Starling wird Zeuge des Unfalls und versucht vergeblich, das Kind zu retten. Dieses Ereignis ist ein Schock und gleichzeitig das Aufbrechen lange verdrängter Erinnerungen und emotionaler Verletzungen in der Familie Starling.
Sommerliches Ritual
Eigentlich sollten diese drei Tage im Sommerhaus der Familie Starling ein Abschied sein. Ein Abschied von den letzten dreissig Jahren, in denen sie ihre Sommer am Lake Christopher verbracht haben. Die Eltern Lisa und Richard wollen das Haus verkaufen und ihren Lebensabend in Florida verbringen. Das haben sie kürzlich ihren Söhnen Michael und Thad mitgeteilt. Ein letztes Mal gemeinsam ein paar Tage in dem alten umgebauten Trailer verbringen. Doch alles wird überschattet von dem schrecklichen Unfall auf dem See.
Michael hat sich beim Rettungsversuch verletzt und muss im Krankenhaus behandelt werden. Das Ereignis macht ihm schwer zu schaffen. Ausserdem steckt seine Ehe in einer Krise und Michael gesteht sich endlich sein Alkoholproblem ein. Aber nicht nur bei ihm vermischen sich Erinnerungen und aktuelle Probleme. Dasselbe trifft auf seine Eltern und auf seinen Bruder Thad zu. Jeder geht auf seine Weise damit um. Konflikte lassen sich dabei kaum vermeiden. Zwischen den einzelnen Familienmitgliedern ebenso wie zwischen den Paaren. Die Wunden und Geheimnisse aus der Vergangenheit bieten reichlich Zündstoff.
«Bei drei Paaren, die ein Wochenende unter einem Dach verbringen, wird alles zur Chiffre für etwas anderes.»
Schleichende Entfremdung
Der Roman ist wahrlich keine leichte Kost und schon gar keine Sommerlektüre. Dafür hat sich in dem vorliegenden Roman zu viel zwischenmenschlicher Sprengstoff angesammelt. Erzählt wird die Geschichte einer typisch amerikanischen Familie, die sich nach einem einschneidenden Ereignis auf sich selbst und jedes einzelne Mitglied besinnt. Geheimnisse, Wünsche und Realität spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die Familienmitglieder haben sich voneinander entfernt, ohne es wirklich zu merken. Erst mit diesem letzten Treffen am See und dem Unglück dringt es allmählich in ihr Bewusstsein.
Als Beobachter schildert der Autor diese Tage und was sie mit den Menschen der Familie Starling machen. Er schaut genau hin und beschreibt vermeintliche Schwächen, wirft einen Blick auf die komplexen Beziehungen innerhalb dieser Personen.
Obwohl die Themen Sucht, Depressionen und Ängste einen Teil des Romans ausmachen, hat die Geschichte nichts Bedrückendes an sich. Im Gegenteil: Sie beschreibt das Leben in all seinen Facetten. Es gibt Geheimnisse, gebrochene Versprechen, Eifersucht und vieles mehr. Der Autor bleibt immer ein wenig distanziert. Aber er lässt die einzelnen Personen zu Wort kommen. So wird er ihrer Sichtweise gerecht. Die Erzählung bleibt abwechslungsreich und unterhaltsam, aber nie bedrückend. Keine heile Welt, sondern viele persönliche Dramen prägen diesen beeindruckenden Roman, der durch seinen Schreibstil zu gefallen weiss.
Fazit
David James Poissant schaut in seiner Erzählung sehr genau hin und erzählt, wie die einzelnen Personen an einen Scheidepunkt im Leben kommen und damit umgehen. Das Ergebnis ist eine absolut überzeugende und beeindruckende Geschichte.
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