Bad Summer People

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Stefanie Eckmann-Schmechta
931001

Belletristik-Couch Rezension vonMai 2024

Skandal eines Sommers.

Jeden Sommer kehren sie an diesen perfekten Ort namens «Salcombe» auf Fire Island zurück. Nicht so glamourös wie die Hamptons vielleicht, aber doch einer kleinen und– wie sie selbst meinen – feinen Gesellschaft vorbehalten. Alle freuen sich, den Sommer hier zu verbringen, um die anderen «Summer People» wieder zu treffen. Viele kennen sich schon seit Kindertagen, einige haben das Glück und das nötige Geld ein Haus zu erwerben; die meisten Häuser werden jedoch weitervererbt. Daraus ergibt sich eine Exklusivität, die ganz klar in «Salcomber» und andere trennt. Dies erinnert an eine kleine Dorfgemeinschaft, in der jeder jeden kennt und natürlich alles über die anderen weiß – zumindest den Gerüchten nach. Die Tradition, New York für einen ganzen Sommer den Rücken zu kehren, lebt von Generation zu Generation weiter. Ebenso wie die alljährlichen Tennisturniere – und die nimmt man hier ganz besonders ernst.

Zwei perfekte Familien, eine Single-Frau

Die New Yorkerin Emma Rosenblum, legt mit ihrem Roman-Debüt eine geschickt durchdachte Chronologie eines unbeschwerten Familien-Sommers der Reichen und Schönen vor, der in einem Skandal endet. Schon der Prolog, in dem uns eine Leiche ankündigt wird, ist sehr klug gesetzt; denn zunächst bleibt dies sehr lange der einzige Hinweis auf ein wahrscheinliches Verbrechen. Während der nachfolgend zu Tage tretenden Enthüllungen über einige Akteure können wir nur erraten, wer das Opfer und wer der Täter sein könnte. Und es wird sehr schnell klar: Es könnte jede und jeder sein.

Auf dem Weg zur Auflösung macht es Emma Rosenblum sehr spannend. Es gelingt ihr, die Protagonisten dieses Kammerspiels unter blauem Himmel so einzuführen, dass man sofort am Haken ist. Jede/r verbirgt etwas vor den anderen - und das mehr oder weniger gut, wie sich herausstellen soll.

Da sind zum einen die beiden alten Freunde Sam und Jason mit ihren perfekten Familien. Sie kennen sich seit Kindertagen und während des jahrelang andauernden Scheidungskrieg von Sams Eltern, hat der Unglückliche in Jasons Familie ein beständiges Zuhause gefunden.

Dabei mag Jason den sanften und charismatischen Sam gar nicht; um ehrlich zu sein, er hasst ihn, hält das aber seit seiner Kindheit vor aller Welt verborgen. Jason scheint stets die Rolle des dunklen, etwas zwielichtigen Typs zu erhalten, während Sam die Herzen aller mit Leichtigkeit erobert. Vielleicht übt Sams Frau Jen, eine kluge und hübsche Brünette mit der angenehm tiefen Stimme, deshalb so eine Anziehungskraft auf Jason aus?

Dann ist da noch Lauren, die Frau von Jason. Für sie ist es wichtig, dass ihre Dinge laufen, sie jederzeit wie aus dem Ei gepellt aussieht und bei ihren New Yorker Freundinnen hoch im Kurs steht. Das perfekte Leben eben.  Mit allen hippen Marken und Produktneuheiten, die dazu notwendig sind. Natürlich nimmt sie die Erziehung ihrer Kinder sehr ernst, das ist ihr Part. Das Geld zu verdienen, ist Jasons Part und damit möchte sie auch nicht unbedingt etwas zu tun haben. Und um ehrlich zu sein, mit ihrem Mann auch nicht.

Neu dazu kommt in diesem Jahr ein neuer Tennislehrer, Robert. Er sieht nicht nur unverschämt gut aus, er ist auch nicht auf den Kopf gefallen, glaubt er. Obwohl ihm alle Summer People sehnsüchtige Blicke zuwerfen, hat er nur Augen für eine. Aber noch mehr verfolgt er sein Ziel, endlich etwas aus seinem Leben zu machen.

Nicht zu vergessen Rachel, die auch seit ihrer Kindheit nach Salcombe kommt. Jason und Sam kennt sie schon eine gefühlte Ewigkeit. Mit jedem der möglichen Partner dieser Sommergemeinschaft hatte sie im Laufe der Jahre etwas. Leider wollte aber niemand bei ihr bleiben – auch Sam nicht, dem sie immer noch hinterhertrauert – so ist sie heute immer noch kinderlos und Single. Und nicht reich, was sie, wie so vieles, zu verbergen versucht. Ihre ganze Energie steckt sie in das Tennis Damendoppel-Turnier, der Höhepunkt eines jeden Sommers auf Salcombe. Und in diesem Jahr muss sie einfach gewinnen.

Mehr möchte ich über die Darsteller in dieser «Dramedy» gar nicht verraten, denn genau das - sie kennen zu lernen und ihren Geheimnissen auf die Spur zu kommen - liest sich wie ein Krimi.

Durch die wechselnden Perspektiven der einzelnen Protagonisten, geschildert durch einen allwissenden Erzähler (oder hier besser einer Erzählerin), können wir unser Bild von den Sommerleuten Stück für Stück vervollständigen. Auch wenn sich einige Ereignisse oder Begegnungen wiederholen, Emma Rosenblum gelingt es, diese aus anderer Perspektive spannend und aufschlussreich zu ergänzen. Es gelingt ihr mit Leichtigkeit, durch ein Labyrinth persönlicher Historien zu führen und uns einen guten Überblick zu verschaffen. Aber natürlich nicht zu gut, denn darin liegt das Überraschungsmoment. Gegen Ende erhöht sich das Erzähltempo stetig und wir werden als Leser mit schnellen Szenenwechseln in immer neue Situationen geworfen – hat man gedacht, den Fall nun endlich überblickt zu haben, werden wir mit einer neuen Wendung überrascht.

Die Dramaturgie der Ereignisse ist somit filmreif angelegt und die Sprache von Emma Rosenblum erfrischend pointiert. Mit vermeintlich gespielter Ernsthaftigkeit lässt sie ihre Akteure auftreten und sich selbst entlarven. Und mit so mancher Situationskomik bringt sie das groteske Spiel, das sich vor allem abseits des Tennisplatzes abspielt, auf den Punkt.

Schließlich, das ist ja von Anfang an klar, brauen sich immer dunklere Wolken am sonst so strahlenden, perfekten Himmel über Salcombe zusammen (das «be» in Salcombe ist übrigens stumm). Die wahren Motive der feinen Gesellschaft sind offenbart, die Manipulationen haarsträubend - und es gibt mehr wachsame Augen und Ohren, als es die Meister der Täuschung wahrhaben wollen. Als jede und jeder versucht, möglichst mit heiler Haut und sauberer Weste davonzukommen – scheint es keine Tabus mehr zu geben.

Jeder von ihnen, der in dieser Blase aus Geld, Edelmarken und perfektem Styling für das Image lebt, hat doch zumindest eine Sache zu verlieren: Den guten Ruf, die glückliche Familie oder den Reichtum. Nur einer von ihnen hat am Ende dieses Sommers nichts mehr zu verlieren.

Fazit

„Bad Summer People“ ist das perfekte Buch für den Sommer – spannend wie ein Krimi unterhält Emma Rosenblum von der ersten Seite an auf eine witzige aber auch sehr kluge Weise. Eine echte Empfehlung!

Bad Summer People

Emma Rosenblum, C. Bertelsmann

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