Liebe und Hoffnung in Zeiten des Krieges.
Johann Meinert ist Soldat. Im Frühjahr 1945 begeht er im Alter von 25 Jahren Fahnenflucht und versteckt sich bei Onkel und Tante in einem Heuschuppen. Hier wartet, hofft und bangt er, nicht entdeckt zu werden und bald seine Frau Emmy wiederzusehen. Da taucht eines Tages Frieda auf, ein siebzehnjähriges Mädchen aus der Nachbarschaft. Wenn sie ihn verrät, ist er ein toter Mann.
„Die anderen, das sind alles liebe gute Leute, sie sollen heimkommen. Du bist aber mein liebster Mensch. Du sollst noch leben, Johann.“
Ein zum Tagebuch umfunktionierter Taschenkalender seines Großvaters ist Auslöser dieser Geschichte, wie Volker Jarck in seinem Nachwort ausführt. Denn wie auch Johann, war Werner Heinrich Jarck Deserteur im zweiten Weltkrieg. Der Roman gibt allerdings nicht umfänglich die wahren Ereignisse des Jahres 1945 wieder. „Diese Geschichte will nicht historisch wahr sein, sondern menschlich.“ betont Volker Jarck.
Auf knapp 200 Seiten gelingt es ihm dann auch seinem Roman erstaunlich viel emotionale Tiefe zu verleihen. Er berücksichtigt unterschiedliche Perspektiven, die dem Krieg in all seinen Facetten begegnen. Rückblenden erzählen von Gesprächen zischen Emmy und Johann, machen die Ängste und Sorgen deutlich, die anhaltende Sehnsucht bald endlich wieder zusammen sein zu können. Wir erfahren von der Hochzeit, und dem Wunsch nach einer Familie. Nur über sein Tagebuch und vergangene Briefe ist Johann mit seiner Frau verbunden.
Jarck springt in den Zeiten. Wir bekommen einen Eindruck von der Lage des Krieges, den Blick der Soldaten auf die Ereignisse, die Ambivalenz zwischen Siegeswillen und Hoffnungslosigkeit, den zu befürchtenden Konsequenzen zu desertieren. Zusammen mit drei weiteren Soldaten trifft Johann eines Tages diese bedeutsame Entscheidung. Und nicht zuletzt bekommt der Krieg das Gesicht des Todes und der Sinnlosigkeit, wenn er aufzeigt, was er auch für die Angehörigen bedeutet. Wenn Eltern erste Kinder verloren haben und sich in der Trauer auch um die sorgen müssen, die neu eingezogen werden oder noch an der Front auf ihr Schicksal warten.
„Kein einziges Mal benannte einer von Ihnen den Frieden, denn der trug schwer an seinem Gegenteil.“
Das alles erzählt Volker Starck kompakt, in kurzen Abschnitten. Dabei vermeidet er aufgesetzte Gefühlsduselei, verleiht der Dramatik durch seinen Stil und seine Sprache eine beinahe nüchterne Note und zudem Authentizität. Doch - oder gerade deswegen - entstehen beim Lesen äußerst lebendige Bilder. Zwischen den Zeilen wird das ganze Ausmaß der Lage und der damit einhergehenden tiefgreifenden Gefühlswelten der Figuren offenbar. Die individuelle Bedrohungslage für Johann, die Gefahr entdeckt zu werden, gerät dabei lange Zeit in den Hintergrund. Erst zum Ende nehmen die Entwicklungen bei Onkel und Tante mehr Raum ein, werden packender und spannender. Johann und Frieda nähern sich an. Aber kann er ihr wirklich trauen?
Während der Krieg langsam dem Ende entgegen geht, zugleich der Sieg für die deutschen Soldaten immer unwahrscheinlicher, warten wir ab. Warten, ob der Krieg für Johann rechtzeitig endet, sein Unterschlupf unentdeckt bleibt und Frieda dichthält. Und natürlich, ob Emmy und Johann wieder zusammenfinden und einer glücklicheren Zukunft entgegensehen können.
Fazit
„Und später für immer“ besticht durch seine vielschichtigen Facetten. Der Roman wirft ein berührendes Schlaglicht auf eine Liebe im Zweiten Weltkrieg und erinnert gerade in aktuellen Zeiten wieder daran, welches Leid die Menschen zu ertragen haben. Volker Jarck liest erstmal am 23. Februar 2022 in den Aufzeichnungen seiner Großeltern, am 24. Februar beginnt der Einmarsch Russlands in die Ukraine.
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