Krieg kann viele Wunden schlagen.
Nguyễn Phan Quế Mai wurde 1973 in Nord Vietnam geboren. Sie hat die Folgen des Vietnamkrieges selbst erlebt, bevor sie die Möglichkeit erhielt in Australien zu studieren. Die Lebensumstände ihres Heimatlandes, die tiefen Wunden die der Krieg geschlagen hat, sind Themen ihrer Bücher. Nach ihrem sehr erfolgreichen Debüt „Der Gesang der Berge“ hat sie sich nun einem Problem angenommen, das in der Öffentlichkeit bisher kaum wahrgenommen wurde – den aus Beziehungen zwischen Vietnamesinnen und amerikanischen Soldaten entstandenen Kindern.
Auf der Suche
Die beiden Schwestern Trang und Quỳnh machen sich 1969 auf den Weg nach Saigon. Sie wollen ihre in finanzielle Not geratenen Eltern unterstützen. Arbeit finden sie in einer Bar, wo sie den amerikanischen Soldaten das Geld aus der Tasche locken sollen. Trang verliebt sich in einen von ihnen und wird schwanger.
2016 treffen sich Dan und Phan im ehemaligen Saigon. Dan war Soldat im Vietnamkrieg, Phan ist ein Amerasier, aus einer Verbindung zwischen einer Vietnamesin und einem schwarzen GI entstanden. Beide sind auf der Suche: Dan nach Kim, der jungen Vietnamesin, die er zurücklassen musste und Phan nach seinen Eltern, die ihn in einem Waisenhaus abgegeben haben. Die Schatten der Vergangenheit suchen sie heim und lösen dennoch auch eine tiefe Verbundenheit aus.
Amerasier
Bis heute ist das Thema der Amerasier nicht wirklich in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Doch die s.g. Mischlingskinder haben mit großen Problemen zu kämpfen. In Vietnam als Nachkommen von Amerikanern nicht gerne gesehen, versuchten viele in den Vereinigten Staaten Fuß zu fassen. Doch die Frage nach Herkunft und Familie konnte oft nicht beantwortet werden, da die Vermittlung von Kindern und Vätern nicht immer einfach war. Die Väter dagegen hatten nicht selten mit Schuldgefühlen zu kämpfen und suchten ihre Kinder oft noch jahrzehntelang. Viele der Kinder wuchsen in Waisenhäusern auf, wurden verachtet und führten ein Leben im Abseits.
Einfühlsam erzählt
Nguyễn Phan Quế Mai hat schon in ihren Debüt-Roman bewiesen, dass sie einfühlsam und fesselnd schreiben kann. Das schafft sie auch in der Geschichte rund um Dan, Phan und Trang. Doch auch wie im ersten Buch erscheinen manche Passagen fast gezwungen, für die Geschichte regelrecht hingebogen. Vor allem der Schluss ist doch eher unrealistisch, auch wenn er ein wenig mit dem Schicksal zu versöhnen scheint. Wenn man aber von diesen kleinen, fast schon ins Kitschige abgleitenden Passagen absieht, vermittelt der Roman sehr eindrücklich das Schicksal der Amerasier. Auf der einen Seite die Kinder - nirgends dazugehörig, auf der Suche nach Identität - und auf der anderen die Väter, die vielleicht Schuld fühlen und verzweifelt ihre Kinder suchen. Auch die Zeit des Krieges wird wieder thematisiert und versetzt uns sehr plastisch in die Zeit, als Saigon zuerst von GIs bevölkert und dann umkämpft war. Die ganze Grausamkeit des Krieges, während der Kämpfe, aber auch im Nachgang ist in jeder Zeile des Buches spürbar. Traumatisierte Menschen auf beiden Seiten müssen mit den Folgen zurechtkommen, die ihr Leben bis heute beeinflussen. In diesem Zusammenhang wäre übrigens eine direkte Übersetzung des englischen Originaltitels „Dust Child“ wesentlich besser gewesen als der, mit „Wo die Asche blüht“, tatsächlich gewählte.
Fazit
Eine sehr einfühlsame Geschichte über ein lange vernachlässigtes Thema. Nguyễn Phan Quế Mai beweist wieder, dass sie atmosphärisch dicht und fesselnd schreiben kann, auch wenn es dieses Mal abermals streckenweise etwas zu sehr ins Triviale abgleitet. Dennoch eine Leseempfehlung für alle, die an Geschichte, den traurigen Folgen von Krieg und den daraus resultierenden schweren Schicksalen interessiert sind.
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