Literarische Darstellung: interessant.
Artemisia Gentileschi erlebt das Grauen vieler Frauen, die Ohnmacht und Verletzlichkeit: Sie wird von einem Malerkollegen vergewaltigt. In einem beispiellosen Prozess wird der Täter angeklagt, Artemisia selbst peinlich verhört. Ihre Erlebnisse verarbeitet sie in ihren Bildern und macht die Wut so für ihr Nachleben fassbar.
„Manche Männer spürten das, manche Männer reizte das bis aufs Blut. Sie mussten das Schöne zerstören, wenn sie es nicht in ihre Gewalt bringen konnten – vielleicht, um das eigene Finstere nicht zu erkennen?“
Obwohl in der Epoche des Barocks nach wie vor fast ausschließlich Männer unter den bedeutendsten Malern zu finden waren, gab es auch einige Frauen, die aus den Schatten der Männerdomäne hervortraten – etwa Elisabetta Sirani oder Ginevra Cantofoli. Zu den bekanntesten gehört aber sicher Artemisia Gentileschi, die auch wegen ihres Schicksals Berühmtheit erlangte und zu einem emanzipatorischen Vorbild bis in die heutige Zeit wurde. Als Tochter eines ebenfalls wichtigen Malers in Rom, waren für sie ideale Voraussetzungen gegeben, ebenfalls das Kunsthandwerk zu erlernen. Um die Tochter jedoch bei der Darstellung von Perspektive in ihren Bildern zu unterstützen, bat Artemisias Vater seinen Freund und Künstler Agostino Tassi um Hilfe – was schließlich zu einem Verbrechen führte, das Artemisia zeitlebens begleiten sollte.
Agostino Tassi wird zwar als Maler gefeiert, aufgrund seiner Eskapaden aber geschasst. Die Vergewaltigung Artemisias überspannt schließlich den Bogen und führt zu einer beispielhaften Verurteilung. Nichtsdestotrotz leidet Artemisia unter den Geschehnissen und verarbeitet dies in ihren Bildern. Das bekannteste davon ist „Judith und Holofernes“, in der Letzterer enthauptet wird. Dieses Sinnbild von Rache durch eine Frau trägt Artemisia auch in weitere Bilder hinein, von denen viele in Florenz entstehen, wohin es sie nach dem Prozess mit ihrem Ehemann verschlägt. Doch wird sie hier ihren Frieden finden?
Vom Zorn der Frauen
So bestürzend die Umstände um Artemisia Gentileschi sind, so spannend und vielschichtig war ihr Leben. Was läge da näher, als eine Romanbiografie über sie zu schreiben? Der Titel „Artemisia Gentileschi und Der Zorn der Frauen“ ist gut gewählt, zeigt er doch, dass ihr Schicksal und ihre Bilder für Millionen von Frauen aus der Vergangenheit und Gegenwart sprechen, die ähnliches durchleben mussten. Besonders ist, dass die Autorin nicht einfach nur Artemisias Leben runtererzählt, sondern man sich in einer zweiten Ebene befindet, in der die Geschichte verfilmt wird. Am Ende jedes Kapitels stoppen die Filmschaffenden die Aufnahme, um darüber zu diskutieren, wie dieses oder jenes dargestellt werden sollte. Das eröffnet einen interessanten Perspektivwechsel, vor allem aber auch eigene Überlegungen über die Rolle des Mannes als Täter, der oftmals mehr Beachtung findet als die Frau als Opfer. Auch Artemisia musste unter Folter ihre Aussage bezüglich der Tat bestätigen, während Agostino Tassi davor verschont blieb.
Eine Schwierigkeit beim Lesen des Buches war das Fehlen von wörtlicher Rede. Obwohl ich sonst keine Probleme damit habe, kamen hier doch Schwierigkeiten für den Lesefluss auf. Generell war der Schreibstil für mich auch sehr stockend und unnahbar – was tatsächlich auch der einzige Grund ist, warum ich das Buch nur durchschnittlich bewerten kann. Immerhin hat die Autorin mir aber eine interessante Persönlichkeit nähergebracht, über die ich unbedingt mehr erfahren möchte. Und das ist doch auch schon viel wert!
Fazit
Auf interessante Art und Weise wird das Leben einer faszinierenden, gleichwohl schicksalsgeschlagenen Frau zugänglich gemacht. Das sollte man sich trotz des schwierigen Schreibstils nicht entgehen lassen!
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