Zwei Frauen in Dublin

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  • Erschienen: Juni 2024
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Zwei Frauen in Dublin
Zwei Frauen in Dublin
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Monika Wenger
811001

Belletristik-Couch Rezension vonJul 2024

Einfach ich selbst sein – mir selbst genügen.

Zwei Frauen, die scheinbar nichts gemeinsam haben und die doch der Wunsch verbindet, sich selbst genug zu sein. Ruth ist Therapeutin, Mitte Dreissig und unendlich traurig, dass sich ihr Kinderwunsch nicht erfüllt hat. Pen ist 16 Jahre alt, Autistin und möchte an diesem einen Tag ihrer Freundin Alice ihre Liebe gestehen.

Voller Selbstzweifel

Ruth konzentrierte sich auf den Aufbau ihrer eigenen Praxis. Dabei hat sie bewusst versucht, den Problemen ihrer Ehe zu entfliehen. Doch an diesem Tag muss sie erkennen, dass sie nicht umhinkann, über das wahrscheinliche Scheitern ihrer Ehe nachzudenken. Ihr Mann Aidan ist über Nacht in London geblieben und nun kämpft Ruth mit der Angst, dass er nicht zurückkommt. Vorausgegangen waren Meinungsverschiedenheiten über die Fortsetzung eines weiteren Zyklus der künstlichen Befruchtung. Ruth ist körperlich und seelisch am Ende. Sie hat das Gefühl, nicht mehr zu genügen. Aidan hingegen hat seinen Kinderwunsch noch nicht aufgegeben.

Pen schwänzt an diesem Tag die Schule um mit Alice an einer Klimademo teilzunehmen. Ausserdem hat sie eine Überraschung für ihre Freundin. Für Pen ist der Ausflug ein Abenteuer, denn sie muss alles genau planen und stets wissen, was als nächstes kommt. Abweichungen sind für sie schwer zu verkraften. Den ganzen Tag macht sie sich Sorgen, ob alles gut geht und wie Alice auf die Überraschung reagieren wird. Aber sie denkt auch an ihre fürsorgliche Mutter, die nichts von der Demo weiss.

«Dieses Wort, mit der Liebe, das rutscht manchmal heraus, und Pen kann nicht anders, als zurückzuzucken, lass mir mehr RAUM. […] Es grenzt schon an Ironie, dass sie genau dieses Wort jetzt zu Alice sagen will, und hofft, und das wirklich sehr stark, dass Alice dann nicht mehr Raum möchte.»

Unterschiedliche Perspektiven

Dieser Roman erzählt von einem Tag im Leben zweier unterschiedlicher Frauen. Sie begegnen sich nur ein einziges Mal. Und doch gibt es Parallelen zwischen ihnen. Emilie Pine erzählt auf ganz eigene Weise von ihren emotionalen Höhen und Tiefen. Beschreibt die Selbstzweifel, die vielen Möglichkeiten, sich missverstanden zu fühlen. Sie beschreibt die Einsamkeit und die tiefen Gefühle der beiden Frauen.

« […] warum soll man sich nicht selbst mögen, wo man doch der einzige Mensch ist, mit dem man sein ganzes Leben verbringt?»

Pines Figuren sind einzigartig. Die sich abwechselnden Kapitel zeigen ihren Tagesablauf und werden nur hin und wieder durch Ergänzungen von Menschen, die Ruth oder Pen nahestehen, bereichert. Das macht die Lektüre besonders, man verschwindet zeitweise in den Figuren. Besonders die Figur der Pen ist Emilie Pine gelungen. Aber auch Pens Mutter Claire verdient einen besonderen Platz. Dennoch ist das Buch nicht durchgehend flüssig zu lesen. Manchmal wirkt der Text ein wenig konstruiert. Dass sich die beiden Frauen, die scheinbar nichts gemeinsam haben, nur kurz begegnen ist klug gedacht. Es ist nämlich nicht die Handlung, sondern es sind die gleichen Sinnfragen, die im Fokus stehen und verbinden.

Fazit

Ein sicherlich bemerkenswerter Roman, der an einem einzigen Tag spielt und zwei Handlungssträngen folgt. Geplagt von Selbstzweifeln und einem Sturm der Gefühle erleben die beiden Protagonistinnen einen aussergewöhnlichen Tag. Eine ruhige, unaufgeregte, aber intensive Lektüre, die auch die Sicht der Nebendarsteller miteinbezieht.

Zwei Frauen in Dublin

Emilie Pine, btb

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