Shanghai Story

Shanghai Story
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Marianne Schäper-Mürmann
851001

Belletristik-Couch Rezension vonMär 2025

Der Schein trügt, alles nur Fassade!

Familie Yang, die drei erwachsenen Töchter Yumi, Yoko und Kiko sowie die Eltern Eko und Leo leben in Shanghai. Zum Semester- bzw. Internatsbeginn fliegen Yumi und Yoko wieder in die USA, begleitet von ihrer Mutter. Die Gründe ihrer Mitreise kann Leo nur erahnen, ist sich jedoch sicher, dass Eko dort einen anderen Mann treffen will. Auch er spekuliert über einen Neuanfang.

Blick in die Vergangenheit

Der Roman beginnt im Jahr 2040, dem Ende der geschilderten Geschichte der Familie Yang. Schlaglichtartig wird ihr Leben in 14 Kapiteln rückwärts erzählt bis zur Heirat von Eko und Leo im Jahr 2014. Schnell wird deutlich, dass das perfekte Bild der Yangs nach außen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Die drei Töchter kämpfen jede für sich mit eigenen Problemen. So ist das Verhältnis zwischen Yumi und Yoko seit Jahren von gegenseitigem Hass geprägt. Insbesondere Yumi kämpft mit großen psychischen Problemen, die sie zu verbergen versucht. Kiko, ein verwöhntes, gelangweiltes junges Mädchen, reizt es, etwas Gewagtes auszuprobieren.

Leo, geprägt durch den frühen Unfalltod seiner Eltern, ist von Ehrgeiz getrieben. Ihm gelingt in Shanghai eine steile Karriere und er kann seiner Familie ein Leben in Luxus bieten. Es beherrscht ihn jedoch die Angst „die Welt könnte jeden Tag in Stücke fallen. All die Strukturen, die das Leben, wie sie es kannten, aufrechterhielten, würden schlagartig und vollständig zusammenbrechen.“ Leo belastet mit seinem Hang zum Perfektionismus und seinem ständigen Streben nach Optimierung die gesamte Familie.

Eko hat japanische Wurzeln, wuchs weitgehend in Paris auf, wo sie und Leo sich während seines Studiums kennenlernten. Sie ziehen nach Shanghai und heiraten. Dort bleibt Eko jedoch immer „die Französin“, die sich weder mit der Sprache noch mit der Stadt anfreunden kann. Die Ehe der beiden entwickelt sich nicht glücklich; ihre ständigen Streitigkeiten versuchen sie erfolglos vor den Töchtern zu verbergen. Yumi, Yoko und Kiko empfinden die Familie immer mehr als „toxische Beziehung“. Lange Zeit ordnet sich Eko ihrem Mann unter, erträgt seine Kritik. Nach einem dramatischen Zwischenfall ändert sich jedoch das Machtsystem in der Familie. Schließlich spielt Eko wie auch Leo im Jahr 2040 mit dem Gedanken einer Trennung. Beiden stellt sich die Frage, ob sie den Mut zur Veränderung finden.

Wirkungsvoller Aufbau der Handlung

Die Geschichte der Familie Yang entfaltet sich ohne Längen, man wird förmlich in das Geschehen hineingezogen. Kapitel für Kapitel folgt man mit Spannung dem Weg der Yangs zurück in das Jahr 2014, in dem der Samen für die späteren Probleme bereits gelegt wurde. Der Blick Außenstehender auf die Familie wird geschickt durch die jeweils in der ich-Form geschilderten Beobachtungen des Chauffeurs sowie des Kindermädchens eingefügt. Die schnörkellose Sprache passt zu der von wenig emotionaler Nähe geprägten Atmosphäre in der Familie, in der Probleme eher verschwiegen als angesprochen werden. Der behutsame Blick in das gesellschaftliche Leben im Jahr 2040 gelingt ohne Effekthascherei.

Fazit: 

Eine Familiengeschichte mit ungewöhnlichem Aufbau, fesselnd geschrieben und mit glaubwürdigen Charakteren. Ein gelungener Debütroman!

Shanghai Story

Juli Min, Eichborn

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