Das halbe Leben der Queen of Crime.
Agatha Christie dürfte auch denen ein Begriff sein, die ihre Bücher nicht kennen. Ihr Name ist einfach DAS Pseudonym für spannende Krimi-Literatur. Hercule Poirot und Miss Marple sind wohl die bekanntesten Figuren aus ihren Büchern, deren Fälle zudem zu gern gesehenen Filmen und Fernsehserien führten. Doch auch privat war das Leben der „Queen of Crime“ alles andere als normal oder gar langweilig.
Agatha Miller wird zu Agatha Christie, der Krimi-Schriftstellerin
Agatha Miller wird 1890 in Torquay, England geboren. Bis zum Tode ihres Vaters wuchs sie in relativ wohlhabenden Verhältnissen auf. Danach musste die Familie den Gürtel enger schnallen, es reichte aber immerhin um das Anwesen Villa Ashfield zu halten, Auslandsaufenthalte zu genießen und Agatha eine Ausbildung in Frankreich zu ermöglichen. Diese wollte Konzertpianistin werden, musste aber feststellen, dass ihr Lampenfieber und auch ihre nicht ausreichende Begabung dabei im Weg standen.
1914 heiratete Agatha Oberst Archibald Christie, 1919 kam die gemeinsame Tochter zur Welt. Die junge Frau hatte schon immer gerne geschrieben und so reichte sie Kurzgeschichten ein, deren Veröffentlichung zu der unglaublichen Karriere als Krimi-Schriftstellerin führten. Doch mit ihrer Ehe war es nicht so gut bestellt. Das Paar trennte sich 1926 und wurde 1928 geschieden. Agatha Christie unternahm Orientreisen und lernte dabei in Ur den 14 Jahre jüngeren Archäologen Max Mallowan kennen. Die beiden heirateten 1930. Die sehr erfolgreiche Agatha unterstütze Max bei den Grabungen finanziell und auch ganz persönlich. Bis zu ihrem Tod 1976 schrieb Agatha Christie noch unzählige Krimis und etablierte sich endgültig zur Queen of Crime.
Eine Romanbiografie, die mitten im Leben aufhört
Autorin Susanne Lieder schreibt seit 2012 historische Romane und Romanbiografien. Dennoch bleibt es mir ein Rätsel, warum der Verlag ausgerechnet auf sie zukam, um das Leben von Agatha Christie in einen Roman zu packen. Lieder wusste nämlich, wie sie im Nachwort selbst schreibt, von Agatha Christie nur, dass sie Krimi-Schriftstellerin war. Ob sie auch etwas von ihr gelesen hatte, ist unklar, denn sie erwähnt nur, die Filme gesehen zu haben. Das ist eher eine schlechte Voraussetzung für das Verfassen einer Romanbiografie über eine sehr bekannte Persönlichkeit. Was sie dann endgültig für ihre Recherche las, nachsah oder überhaupt nutzte, sagt Lieder nicht. Es scheint hauptsächlich die, von Agatha Christie selbst verfasste Autobiografie gewesen zu sein.
Leider macht sich diese doch relativ schwache Grundlage im Roman sehr bemerkbar. Es haben sich Fehler eingeschlichen, die eingefleischten Fans der Queen of Crime sofort auffallen dürften. So wurden die ersten Kurzgeschichten mit Miss Marple bereits 1927 im Royal Magazine veröffentlicht, während die Autorin schreibt, Agatha Christie hätte Miss Marple erst 1928 erfunden. Zudem lässt Lieder ausgerechnet das mysteriöse 11-tägige Verschwinden von Agatha Christie im Jahr 1926 weg. Sie begründet das zwar, aber für mich gehört dieses Ereignis allerdings einfach und unbedingt zum Leben von Agatha Christie. Was aber das Enttäuschendste des Romans ist - er hört eigentlich mitten im Leben mit der ersten Orientreise auf. Die Begegnung mit ihrem zweiten Mann, ihr Leben auf den Grabungsstellen und ihre weitere Karriere werden schlichtweg weggelassen. Es sieht so aus, als wenn die in sich gefestigte und mitten im Leben stehende Agatha nicht für weitere Kapitel einer romantischen Geschichte, mit viel Nebensächlichkeiten, gereicht hätte.
Kein Sachbuch, sondern eine Romanbiografie …
… dennoch hätte ich mir etwas mehr Tiefgang gewünscht. Hauptsächlich dreht sich das junge Leben von Agatha um Kleider, Bälle und den ein oder anderen Mann. Dabei scheint die Autorin sehr ins Kästchen der Fantasie gegriffen zu haben, wenn sie z.B. von Archibalds Stupsnase schwärmt oder Agatha immer wieder „glühendrot“ werden lässt. Die Darstellungen der Personen erscheinen unisono sehr plakativ und ändern sich erst etwas, als die junge Frau wirkliche Probleme im Leben bekommt. Interessant sind die Zeitsprünge, die Lieder eingebaut hat und damit Agatha Christie noch einmal als Zurückdenkende in ihre eigene Lebensgeschichte involviert. Dennoch kommt einem die Geschichte heruntererzählt vor. Der Stil ist dabei sehr umgänglich und macht die Romanbiografie damit ohne Probleme lesbar, aber leider auch etwas anspruchslos.
Fazit
Nichts für Agatha Christi-Fans, aber für alle anderen eine belletristische Heranführung an das Leben der berühmten Queen of Crime. Eine nicht ganz gelungene Romanbiografie, die zudem einen großen Teil des Lebens von Agatha Christie weglässt, aber dennoch zeigt, durch welche tiefen Täler die Schriftstellerin gehen musste, bevor Hercule Poirot und Miss Marple in ihr Leben traten.
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