Der eine gibt, der andere nimmt.
Evelyn, ihr Bruder Tommy und der Nachbarsjunge Joseph wachsen gemeinsam an der Küste Connecticuts auf. Als Teenager kommen Evelyn und Joseph zusammen und sind mittlerweile seit über sechzig Jahren verheiratet. Nun treffen sie sich mit ihren drei erwachsenen Kindern, um ihnen ihren gemeinsamen Entschluss mitzuteilen: Sie wollen in einem Jahr gemeinsam aus dem Leben zu scheiden.
Die Krankheit und ihre Folgen
Der gemeinsame Weg von Evelyn und Joseph war nicht immer einfach. Er war, wie so viele Leben, geprägt von Schicksalsschlägen, von Verlust und Trauer. Aber auch von Glück und Freude. Als bei Evelyn Parkinson diagnostiziert wird, ändert sich alles. Sie kann sich nicht vorstellen, langsam zu verschwinden und am Ende ihre Lieben nicht mehr zu erkennen. Die Entscheidung, noch ein Jahr zu leben und dann bewusst zu gehen, erscheint ihr daher nur logisch.
«[…] Die nicht die darunterliegende Botschaft hörten, dass nämlich irgendwann ein Tag kommen wird, an dem das, was ich verliere, mehr ist als das, was ich behalte.»
Für Joseph steht sein Leben lang fest, dass er nicht ohne seine Frau leben will und kann. Demzufolge schliesst er sich Evelyns Plan an. Während des verbleibenden Jahres blicken die beiden auf ihr Leben zurück.
Höhen und Tiefen eines Ehelebens
Amy Neff beginnt die Geschichte von Evelyn und Joseph im Jahr 2001, als sie zu einem Familientreffen einladen. Noch wissen ihre drei erwachsenen Kinder nicht, dass ihre Mutter an Parkinson erkrankt ist. Und dass die Eltern beschlossen haben, in einem Jahr selbstbestimmt aus dem Leben zu scheiden. Die damit konfrontierten Kinder reagieren auf diesen Plan mit Unverständnis und stellen die Entscheidung mit aller Vehemenz in Frage.
Die Autorin nimmt dies zum Anlass, einen Rückblick auf das Leben des Ehepaares und das der Kinder zu werfen. Sie beginnt im Jahr 1940 und erzählt in loser Folge aus der Vergangenheit. Immer wieder kehrt Amy Neff jedoch zum Jahr 2001 zurück. Dann erzählt sie aus den unterschiedlichsten Perspektiven. So erfährt man viel über die Gedankenwelt der einzelnen Figuren. Allerdings wirkt diese Erzählweise auf Dauer etwas umständlich und ermüdend. Die Höhen und Tiefen im Leben von Evelyn und Joseph sind zwar realistisch beschrieben und somit nachvollziehbar. Aber die Art und Weise, wie diese grosse Liebe dargestellt wird, wirkt etwas zu romantisiert. Während Evelyn immer träumt, fordert und zweifelt, ist Joseph ausgleichend und scheinbar zufrieden damit, diese Frau lieben zu dürfen.
«Sie hat nie irgendjemandem gehört, immer nur sich selbst, und ich habe nie irgendjemand anderem gehört als immer nur ihr.»
Am Ende stellt sich die Frage, ob nur die letzte Lebensphase dazu beigetragen hat, dass es auch für Evelyn nur diese eine Liebe gab.
Immer wieder verliert sich die Autorin in langatmige Beschreibungen des Meeres, der Umgebung oder der Gefühle. Das schmälert das Lesevergnügen doch erheblich. Das Ende hätte ein Höhepunkt sein sollen. Von der Idee her wunderbar, aber leider nur oberflächlich inszeniert. Schade.
Fazit
Es ist für mich nicht der Liebesroman, den ich erwartet hatte. Zwar sind einige Elemente sehr schön umgesetzt, aber es fehlt an Tiefe. Trotzdem ist es eine schöne, etwas melancholische Geschichte, die zum Nachdenken anregt.
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