Die Schwestern von Krakau

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2025
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Die Schwestern von Krakau
Die Schwestern von Krakau
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Monika Wenger
731001

Belletristik-Couch Rezension vonFeb 2025

Zeitgeschehen, dass nicht vergessen werden darf.

Nach dem Tod ihres Vaters Simon entdeckt Édith in dessen Musikzimmer eine Wand voller Notizen. Sie sind Zeugen einer Spurensuche. Die Suche ihres Vaters nach seiner Herkunft – seiner wahren Identität. Édith folgt den Hinweisen und stösst auf einen unbekannten Familienzweig und einige Geheimnisse.

Spurensuche in Paris und Krakau

Paris 2017: Die Entdeckung ist erst einmal ein Schock für Édith. Die Spurensuche ergibt, dass ihr Vater Simon als kleiner Junge während des Zweiten Weltkriegs einen Platz in der Familie Mercier gefunden hat. Ihre Tante Adi, Simons Schwester, behauptet jedoch, er sei ihr leiblicher Bruder. Für Édith ist das eine merkwürdige Situation. Da ihre Tante Adi gesundheitlich angeschlagen ist, muss sie sehr behutsam mit ihr umgehen. Einerseits sind da viele Fragen, die beantwortet werden sollen. Dennoch fürchtet sie sich vor allzu neugierigen Fragen, weil Adi ein schwaches Herz hat.

Es steht jedoch zweifelsfrei fest, dass Simon aus einer deutsch-polnischen Familie stammt. Édith findet ausserdem heraus, dass Verwandte in der Nähe von Stuttgart leben. Sie nimmt Kontakt auf zu ihrer Cousine Tatjana in Fellbach. Diese ist überrumpelt von der telefonischen Kontaktaufnahme und muss sich erst einmal sammeln. Nach einem Treffen und einem ersten Kennenlernen beschliessen sie, weitere Nachforschungen anzustellen. Tatsache ist, dass in beiden Familien nie über die Vergangenheit gesprochen wurde. Simons Schwester Adi, die einzige noch lebende Zeitzeugin, und Tatjanas verstorbene Grossmutter Lilo übten sich im Schweigen.


Während Édith in Paris versucht, mehr über die Vergangenheit ihres Vaters herauszufinden, unternimmt Tatjana kurzerhand eine Reise nach Krakau, der Heimatstadt ihrer Grossmutter. Bereits seit Generationen lebten Lilos Vorfahren in der polnischen Stadt. Sie gehören der Minderheit der Volksdeutschen an. Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, werden sie über Nacht plötzlich Teil der Besatzungsmacht. Welchen Einfluss hatte dies auf das Leben der Familie? Heute folgt Enkelin Tatjana diesen Spuren. Sie entdeckt dabei nicht nur Hinweise auf das Leben ihrer Grossmutter als junge Frau in Krakau, sondern erfährt auch viel über den jüdischen Widerstand in Krakau.

Zu viele Handlungsstränge

Die Autorin hat für ihren Roman mehrere Erzählstränge zu einem Ganzen verwoben. Immer wieder springt sie von der Vergangenheit in die Gegenwart, von Paris nach Fellbach und Krakau - und auch zwischen einzelnen Personen hin und her. Das erhöht zwar die Spannung, weil viele Fragen zunächst offenbleiben, beeinträchtigt aber den Lesefluss wesentlich.

Bettina Storcks verbindet historisch belegte Fakten mit einer fiktiven Geschichte. Sehr anschaulich fallen dabei die Erzählungen über den jüdischen Widerstand in Krakau und das Naziregime aus. Viele Details bereichern die Schilderungen und zeigen, wie die Menschen kämpften und bereit waren, ihr Leben zu riskieren.
Durch die Aufsplittung der Geschichte in mehrere Handlungsstränge und Zeitebenen entsteht jedoch weder inhaltliche Tiefe noch Nähe zu den Protagonisten. Darunter leidet auch die Vielfalt der Themen, die nur oberflächlich ausgearbeitet werden. Die Erzählungen über die Widerstandskämpfer im jüdischen Ghetto und die Brutalität des Naziregimes erschüttern nachhaltig, die fiktive Geschichte der Familie Wagner bleibt dagegen eher blass und konstruiert.

Fazit

Der Roman besticht durch seine detaillierten und gut recherchierten historischen Details, die in die Vergangenheit entführen. Der fiktive Teil ist zwar interessant, aber manchmal ist er zu emotional und die Figuren sind zu blass. Eine Leseempfehlung gibt es dennoch, da der historische Hintergrund so viel Wissenswertes vermittelt und zum Nachdenken anregt.

Die Schwestern von Krakau

Bettina Storks, Heyne

Die Schwestern von Krakau

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