Ein liebevoller Anti-Held auf der Suche nach dem verlorenen Glück.
Vielleicht hat er wirklich keine Begabung für das Glück, denkt sich Dr. Hannes Hennes. Irgendwie scheint sich das Leben zuletzt deutlich gegen ihn zu wenden. Dabei könnte er ein zufriedener Mensch sein. Auch wenn ihn sein Beruf als Mathematiklehrer spürbar unterfordert, ist er ein glücklicher Ehemann und Vater. Doch seit dieser demütigenden Sache bei der Nobelpreisverleihung in Stockholm und dem peinlichen Auftritt bei Günther Jauch entgleitet ihm das Leben. Natürlich hätte er auch niemals mit dem Jagdgewehr des Schulleiters schießen dürfen. Dass er dabei den Freund seiner Tochter Klara unbeabsichtigt tötet und er sich nun vor Gericht verantworten muss, setzt dem Ganzen die Krone auf. Wie selbstverständlich macht Hannes immer das Falsche.
Das Leben scheint keinen Sinn mehr zu haben, der Tod wird ihm immer sympathischer. Aber das lässt auch das Wetter einfach nicht zu! Hannes hält es nicht mehr aus und versucht, vor allem zu fliehen. Als er erfährt, dass das Gehirn seines Idols, des berühmten Mathematikers Carl Friedrich Gauß, gestohlen wurde, macht er sich auf zu einer wilden Irrfahrt, das ihn in ein Luxushotel, in die Katakomben der Charité und in ein gnadenloses Männerseminar führt. Seine Pechsträhne scheint zu enden, als ihm ein geheimnisvoller Wissenschaftler ein unwiderstehliches Angebot unterbreitet. Aber das Schicksal hat noch viel mit ihm vor.
Journalist und Schriftsteller
Michael Ebert, 1974 in Freiburg geboren, ist Chefredakteur des „Süddeutsche Zeitung Magazin“ und wurde für seine journalistische Arbeit bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. 2006 wurde er zum „Journalisten des Jahres“ gewählt. 2009 veröffentlichte er zusammen mit seinem Kollegen Timm Klotzek das Sachbuch „Planen oder treiben lassen? Wie man merkt, ob man sich zu viel oder zu wenig Gedanken über sein Leben macht“. In seinem Debütroman „Nicht von dieser Welt“ (2023), der durchweg positiv besprochen wurde, führt er den Leser an den verwunschenen Ort, an dem er selbst aufgewachsen ist: ein Krankenhaus in einer süddeutschen Kleinstadt.
Nun erscheint beim Penguin Verlag mit „Die Regenwahrscheinlichkeit beträgt null Prozent“ sein zweiter Roman, der ebenso wie sein Debüt feinsinnig, geistreich und voller Humor ist. Ein Buch, das den Leser emotional packt und schon im nächsten Satz wieder laut auflachen lässt. Wahrlich eine Achterbahn der Gefühle.
Erzählgenuss
Neben der wirklich unterhaltsamen, zum Teil nachdenklich stimmenden, aber auch hinreißend abgefahrenen Handlung findet man unzählige Bonmots, die die erzählerische Klasse Eberts unterstreichen. Wie schon sein Debüt ist auch der aktuelle Roman ein Drahtseilakt zwischen humorvoller, aber durchaus tiefgründiger Unterhaltung und einer banalen, unbedeutenden Erzählung, die ins Alberne abzugleiten droht. Aber keine Sorge: Autor Michael Ebert meistert dies mit Bravour.
Im Mittelpunkt des Romans steht Hannes, der mit Ende 40 in einer echten Lebenskrise steckt. Er ist sich selbst kaum mehr erträglich und schwankt stets zwischen Selbstmitleid, Apathie, Resignation und Wutausbrüchen. Er spürt, wie sich sein Leben verändert, seine Beziehung zu Marlene, seiner Ehefrau, die er einst bei einer Allergietherapie kennenlernte und die ihm dabei das Leben rettete, und seiner Tochter Klara, für die er früher ein Held war und nun mit ihm bricht. Doch seine scheinbar perfekte Welt gerät zunehmend aus dem Gleichgewicht. Hannes - in die Enge getrieben und hilflos - flieht. Aber auch das will nicht recht gelingen, denn erst einmal bleibt er mit seinem Wagen im Nachmittagsstau stecken. Gefühlslosigkeit macht sich breit, Hannes ist allein und spürt zunehmend „multiple Einsamkeit“.
Vier Vorfälle
Gleich vier Katastrophen widerfuhren Hannes in den letzten Monaten. Ungewöhnliche Zufälle, die sein gewöhnliches Leben in Stücke brachen: die Demütigung bei der Nobelpreisverleihung an seinen Bruder, der Blackout bei „Wer wird Millionär?“, Marlenes Allergieschock, der beinahe zu ihrem Tod führte - und natürlich von Hannes verursacht wurde - und der Jagdunfall, der durch eine Verkettung von Zufällen zu einem dramatischen Unglück wurde. Glück sieht anders aus. Hannes landet über Umwege beim Seminar „Mann sein & Krieger werden - Step 1“. Hier soll er lernen, seine Ängste abzulegen und wieder ein ganzer Kerl zu werden. Grenzerfahrungen und Konfrontation mit intensiven Gefühlszuständen verspricht der Workshop. Und mit beidem kennt Hannes sich ja bestens aus. Zuletzt ist es ein unbekannter Wissenschaftler, der ihm verdeutlicht, dass zuhause noch viel Leben und Liebe auf Hannes wartet. So macht sich der mitunter etwas unbeholfene Held letzten Endes wieder auf den Weg zu seiner Familie - aber so einfach ist Hannes Leben dann doch nicht.
Fazit
Ein Roman wie ein Film. Die anekdotenhafte Erzählung reiht Tiefsinniges, Berührendes und Urkomisches aneinander und zaubert jedem Leser ein Lächeln ins Gesicht. Eine wunderbare Story, die bestens unterhält. Michael Eberts zweiter Roman ist einfach Lesegenuss pur.

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